Badische Zeitung 23.05.2017


Der Wettstreit der Impro-Giganten

Impronauten und Dramenwahl liefern sich in Weitenau hinreißenden Wettstreit auf offener Improvisations-Bühne.

Mit Theaterszenen voller Spielwitz, Humor und Spontaneität amüsierten die beiden Ensembles „Die Impronauten“ und „Dramenwahl“ beim Improvisations-Wettstreit in der Weitenauer Halle. Foto: Roswitha Frey
Mit Theaterszenen voller Spielwitz, Humor und Spontaneität amüsierten die beiden Ensembles „Die Impronauten“ und „Dramenwahl“ beim Improvisations-Wettstreit in der Weitenauer Halle. Foto: Roswitha Frey

WEITENAU. Eine Sturzgeburt im Wilden Westen, eine Single-Frau auf der Suche nach einem "zarten und harten Mann" oder doch lieber eine mordlustige Lady à la Shakespeare? Solche Szenen spielten sich am Samstag auf der Bühne der Gemeindehalle in Weitenau ab, aus dem Stegreif gespielt von zwei Improvisationstheater-Gruppen aus der Region: den Basler "Impronauten" und der Markgräfler "Dramenwahl".


Beide Ensembles traten gegeneinander an. Das Publikum konnte per Applausstärke abstimmen und Punkte verteilen. Am Ende gab es zwei punktgleiche Sieger. Gewinner waren auch die 160 Zuschauer, die sich beim vom Gesangverein Harmonie Weitenau veranstalteten "Theatersport"-Wettstreit kringelig lachten. Die Leute saßen gemütlich an Tischen und durften Regisseur spielen. Nach ihren Vorgaben liefen die Sketche ab. Außerdem waren die Zuschauer Schiedsrichter und vergaben die Punkte. Klar, dass die einfallsreichen Spielerinnen und Spieler durchweg die maximalen fünf Punkte absahnten, zweimal sogar sechs Punkte, als der Beifall Orkanstärke erreichte.

Dabei hatte Moderator Andreas Schurig, der Mitglied beider Ensembles ist, zuerst eine bittere Nachricht. Ausgerechnet Lokalmatador Guido Chudoba musste wegen Grippe passen. Fix machte Schurig ein Handyfoto von den winkenden Fans und schickte es dem erkrankten Kollegen zur Aufmunterung. Die Akteure Andreas Schurig und Claudia Schurig von der "Dramenwahl" und die "Impronauten" Barbara Deubelbeiss und Adrian Moor dachten sich aufs Stichwort die tollsten Geschichten, Figuren und Dialoge aus – ohne Drehbuch, ohne vorgefertigten Text, aus dem Moment heraus. Piano-Mann Christoph Müller untermalte die Szenen effektvoll und schwungvoll. Ideenreich, voller Spielwitz, gestischem und mimischem Volleinsatz, Wandlungsfähigkeit und schauspielerischer Spontaneität reagierten die Spieler auf die Vorschläge der Zuschauer. Als "Warm-up" spielten sie eine lustige Szene mit Gegenständen aus dem Publikum. Eine schwarze Tasche mit Aufdruck "Dreggsagg" wurde mal zum T-Shirt, mal zur Schwimmweste, mal zur Schatzkarte umfunktioniert. In einer Szene vom Hundewaschen mimte Adrian Moor auf allen Vieren das wuschelige Haustier, das von Frauchen Barbara Deubelbeiss mal Streicheleinheiten kriegt oder sich knurrig gebärdet: "Böser Bello!": die reinste Gefühlsachterbahn war gefragt. Claudia und Andreas Schurig konterten in einer Szene von zwei Klempnern, die mit Unterstützung von zwei Stichwortgebern aus dem Publikum eine Heizung montieren und das ganze Haus unter Wasser setzen.

Zur Hochform liefen die Improvisationskünstler in den verschiedenen Genres wie Horror, Krimi und Klassiker auf. Das war umwerfend, wie Moor nach Art von Kafka einen Mann spielte, der mittels einer Substanz in ein seltsames Untier verwandelt wird. Echte Klasse auch, wie Andreas und Claudia Schurig britische Krimispannung à la Agatha Christie knistern ließen. Barbara Deubelbeiss machte auf großes Shakespeare-Drama und mimte mit tragischen Posen eine mörderische Mylady, die es ins schaurige Schottland verschlägt und ihren Mann auf dem Gewissen hat: "Ich hätte vorher unter seinen Schottenrock schauen müssen", so ihr Kommentar. Ebenfalls bildhaft geriet die Version im Stil von Astrid Lindgren, in der zwei Helden im Schnee die Spuren eines Lindwurms entdecken.

Noch höher stieg die Lachquote in der Talk-Runde über die "Olympiastadt" Weitenau. Zwei Darsteller übersetzten gestenreich in Gebärdensprache, was der Moderator und die Dame vom Olympischen Komitee über die Vision eines Olympiastadions und eines olympischen Dorfs im beschaulichen Weitenau und über neue Disziplinen wie Alphorn-Stemmen fabulierten.

Supergut kam auch die Nummer über das regionale Thema Zentralklinikum an. "Guck mal, da fährt einer, der sucht das Zentralklinikum", sagt Claudia Schurig in gemächlichem Schneckentempo zu ihrem Partner. Zum guten Schluss drehten beide Teams voll auf, um eine "Sturzgeburt" in diversen Variationen darzustellen.

"Ideenreich, voller Spielwitz, gestischem und mimischem Volleinsatz, Wandlungsfähigkeit und schauspielerischer Spontaneität"

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Die Impronauten

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